Eine farbenfrohe Utopie

Eine Kritik zu Aatmapamphlet

Wie bei so vielen Filmen des diesjährigen Generationsprogramms erwarte ich von Aatmapamphlet zunächst nicht viel. Mir fällt es schwer, einen Zugang zu den Filmbeschreibungen zu finden, es gibt kaum Filme, die ich unbedingt sehen möchte. Da Aatmapamphlet perfekt in meinen Zeitplan passt, habe ich mir dennoch ein Ticket geholt. Nachdem ich letztendlich doch von allen 10 Filmen, die ich bisher sehen konnte, überzeugt worden bin, hätte es mich eigentlich nicht überraschen dürfen: Aatmapamphlet ist ein absoluter Hit.

Nicht nur ich fühle mich von Anfang bis Ende abgeholt. Der Applaus bei der Premiere im Zoopalast findet kaum ein Ende. Das Publikum ist restlos begeistert von dieser Komödie, die es schafft, eine ernste Situation hinreißend utopisch darzustellen.

Aatmapamhplet von Ashish Bende verfolgt das Leben des gleichnamigen Protagonisten (Om Bendkhale). Seit Ashishs Geburt finden Meilensteine in seinem Leben parallel zu wichtigen Momenten für Indiens Geschichte statt. Korrelation ist für Ashishs Familie ganz klar Kausalität und führt uns auf eine spannende Reise ins Indien der 1990er Jahre. Wir verfolgen Ashish von Kindesbeinen an und werden Zeug:innen seiner Liebe zu Srushti, einer Mitschülerin, die ihn zunächst nicht wahrnimmt. Gemeinsam mit seinen besten Freunden macht sich Ashish daran, ihr Herz zu erobern.

© Satyajeet Shobha Shriram

Was als Bollywood-anmutender Liebesfilm beginnt, greift bald tiefgründige gesellschaftliche Probleme auf. Während Ashish und seine Mitschüler:innen älter werden, spitzt sich die Trennung nach Kaste und Religion in Indien immer weiter zu. Inmitten der sich immer gewalttätiger spaltenden Gesellschaft hält die Bande stets zusammen. Ihre Religionen und Kasten könnten nicht unterschiedlicher sein, doch sie sind sich bewusst: sie sind Brüder. Und sie alle wollen ihrem Bruder Ashish helfen, Srushti zu beeindrucken.

Die Zeit verfliegt, sowohl auf der Leinwand als auch im Saal. Gegen Ende nimmt die Fantasie noch einmal richtig Fahrt auf. In meinen Augen verlässt sie hierbei die Bahn, geht doch etwas zu weit, ist der eine Punkt der mich auf die letzten Meter etwas unzufrieden zurücklässt. Doch das Gesamtbild bleibt: eine farbenfrohe Utopie, die aufzeigt, wie einfach es doch teilweise sein könnte, eine bessere Welt zu erschaffen. Aatmapamphlet steckt voller Hoffnung inzwischen der vielen aussichtlos wirkenden Situationen auf der Welt. Neben diversen anderen Filme in diesem Generationsprogramm die aufrütteln, noch Tage später im Kopf herumgeistern, schwer zu verdauen sind, kommt Aatmapamhplet leichtfüßig daher, ist eine angenehme Erfrischung, die die Laune wieder etwas heben kann, lädt ein, zu träumen.

24.02.2023. Johanna Gosten

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