Humor gegen die Trauer

Eine Kritik zu Comedy Queen-
(Trigger Warnung: Depressionen/Suizid)

Im Radio ertönt das Lied „Take Me Home, Country Roads“, und plötzlich überkommt Sasha all der Schmerz. Es war das Lieblingslied ihrer Mutter, die sich vor einigen Monaten nach langer Depression das Leben nahm, und vor Sashas inneren Auge spielen sich Szenen von früher ab, wo alles noch gut schien. Schnell rennt sie auf Toilette und legt sich flach auf den Boden, denn so fließen die Tränen wieder zurück ins Auge, hat Sasha rausgefunden. Und Weinen ist das Letzte was sie möchte, denn ihre Mutter weinte immer, und Sashas größtes Vorhaben ist anders zu werden als ihre Mutter - um zu überleben.

Dafür erstellt Sasha eine Liste, was alles zu tun ist, um nicht so zu werden wie ihre Mutter. Ganz klar an erster Stelle: Haare abrasieren. Und nie wieder Bücher lesen, denn das tat ihre Mutter den ganzen Tag. Sich außerdem nie um ein lebendes Wesen kümmern, und am allerwichtigsten: eine Stand-Up-Comedian werden, damit Sashas Vater endlich wieder Lachen kann.
Nach „Min lilla syster“, der 2015 den Gläserner Bären bekam, ist „Comedy Queen“ bereits der zweite Langfilm von Regisseurin Sanna Lenken im Generations Programm. Und ähnlich wie bei „Min lilla syster“ berührt „Comedy Queen“ durch eine herzzerreißende Geschichte, wunderbar filmtauglich aufarbeitet. Dem Film mangelt es an nichts, durch die Mischung aus viel Humor, aber auch sehr ernsten Momenten wird das Publikum in den Bann gezogen. Man kann sich in Sasha hineinversetzten und fühlt jede ihrer Emotionen mit, sodass am Ende sicherlich nicht nur bei mir die ein oder andere Träne floss. Besonders die Hauptdarstellerin Sigrid Johnson macht dabei einen unfassbar guten Job und bringt Sashas Umgang mit der Trauer sehr eindrücklich auf die Leinwand.

Musik und Kameraführung sind stimmig und tragen zur Ausdrucksstärke des Filmes bei. Man erkennt schnell, dass „Comedy Queen“ im Gegensatz zu den „typischen Generations-Filmen“ keine Low-Budget Produktion ist, wogegen natürlich nichts einzuwenden ist und wodurch sich der Film von seiner diesjährigen Konkurrenz etwas abhebt.

Depressionen und Suizid der eigenen Mutter - eine ernste und sehr schwere Thematik - die „Comedy Queen“ sehr leichtfüßig aufarbeitet. Vielleicht manchmal etwas zu filmisch, denn obwohl der Umgang der Hinterbliebenen mit dem Tod eines Familienmitglieds sehr real und vielfältig gezeigt wird, besitzt der Film eine klassische dramaturgische Entwicklung: Eine aufbauende Handlung hin zu dem einen Moment, an dem alles zusammenkommt. Danach eine Peripetie und ein Ende, an dem doch alles irgendwie gut zu werden scheint. Doch das Thema in einer Geschichte zu verpacken, die gerne angeschaut wird, hilft vielleicht auch mehr bei der Enttabuisierung von Depressionen als die reine Darstellung der Thematik. Und dies als Filmemacher:in zu schaffen ist immerhin auch eine hervorzuhebende Leistung.

Comedy Queen“ ist ein Film für Groß und Klein, der ein ernstes und wichtiges Thema familiengerecht aufarbeitet. Das Publikum kann lachen, weinen und mitfühlen, und bekommt gleichzeitig einen kleinen Anstoß dazu zu hinterfragen, wie in unserer Gesellschaft mit psychischen Erkrankungen umgegangen wird. Meiner Meinung nach ein verdienter Gewinner des Gläsernen Bären der Kinderjury.
19.02.2022, Clara Bahrs

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