Das unverständliche Mondlied


2012 präsentierte die Berlinale Generation den Debütfilm der indonesischen Regisseurin Kamila Andini. Sechs Jahre später kehrt die Filmemacherin zurück zu Generation. Wie auch in „The mirror never lies“ zeichnet sie in ihrem neuen Film „Sekala Niskala“ in bunten, einfühlsamen Bilder das Leben junger, indonesischer Protagonisten.

Ich erinnere mich noch gut an Kamila Andinis Debütfilm „The mirrow never lies“. Faszinierende Unterwasseraufnahmen, authentische Schauspieler und ein ruhiger, nicht zu überladener Plot – das blieb mir im Gedächtnis. Dieser Film gab einen ungestellten Einblick in das Leben junger Menschen, die in einem schwimmenden Dorf aufwachsen. Aufregend und dokumentarisch zur selben Zeit - Kamila Andini schaffte es mit kleinen Mitteln die Spannung aufrecht zu halten so, dass auch ihr junges Publikum, trotz der Ruhe des Filmes, interessiert dabei blieb. Tatsächlich weckte dieser Film meine Faszination für Indonesien und Asien und ich nahm mir fest vor, irgendwann einmal ein schwimmendes Dorf zu besuchen. Nach meiner Begeisterung für „The mirrow never lies“ waren meine Erwartungen an Kamila Andinis neuen Film „Sekala Niskala“ entsprechend hoch.

In „Sekala Niskala“ liegt Tantra schwer krank im Krankenhaus. Seine Zwillingsschwester Tantri hat Angst vor Krankenhäusern, trotzdem kommt sie ihn oft besuchen. Mit bunten Kostümen, Spielen und Musik versuchen die Beiden die Traurigkeit des Krankenhauszimmers mit Farbe und Gesang zu vertreiben. Und immer wieder, wenn es Vollmond wird können die beiden nicht schlafen. Es ist als hätten die Geschwister eine besondere Verbindung zur Magie des Mondes.


Auch in diesem Film bedient sich Kamila Andini einer ruhigen Kamera und vielen Standbildern. Wunderschöne Mondaufnahmen entführen den Zuschauer in die magische Welt der beiden Kinder. Das Geräusch der Babusflöten und die immer wiederkehrenden Nachtaufnahmen haben einen beinahe einschläfernden Effekt. Es wird wenig gesprochen, dafür häufig Gesungen. Nach einer Weile bin ich etwas verwirrt, denn ich verstehe die zeitliche Abfolge der Dinge nicht. Auf Tag folgt Nachtaufnahme, dann wieder das Krankenhauszimmer, plötzlich wieder das Dorf. Es vergeht einige Zeit bis ich mich auf das abstrakte Wirrwarr einlassen kann und meine Erwartung an eine Geschichte die von A nach B führt verwerfe. Den tatsächlich hat „Sekala Niskala“ keinen klassischen Plot. Es passiert wenig und was passiert ist häufig schon in ähnlicher Form passiert. Es mangelt an einer treibenden Geschichte und einer Entwicklung der Charaktere. Dafür ist die Bildsprache ein wahres Meisterwerk. Kinder die bei Mondschein über ein Feld laufen, Tantri, die in einem langen Kleid den Mond antanzt, die Mutter wie sie die Füße ihres Sohnes in der Hand hält und ein Klagelied singt und immer wieder die spielenden Kinder. Es ist als wäre der ganze Film, wie ein Lied. Es gibt keine Geschichte, es ist mehr ein Versuch die Gefühle der Protagonisten zu beschreiben. Der Versuch diesen Moment einzufangen und mit Bild, Tanz und Musik festzuhalten. Der Moment zwischen Realität und Traum, zwischen Leben und Tod.

„Sekala Niskala“ ist ein sehr spezieller, abstrakter Film. Sehr bewegend und auf seine Art verzaubernd, doch im Generation K+ Programm ab 11 Jahren, ist dieser Film leider gänzlich Fehl am Platz. Denn als Kinderfilm fehlt ihm genau das, was „The mirror never lies“ hatte. Die Spannung, die ein Kind dabei hält und fesselt. Die ganzen Vermischung von Realität und Traumwelt ist selbst für einen Erwachsenen schwer zu verstehen, für ein Kind ist dies jedoch eine fast unlösliche Aufgabe.

18.02.18, Liv Thastum

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